Schmid Peter Präsident ISFL 1978

Peter Schmid  21.6.1934 - 17.10.1998       Nachruf

Vorgetragen anlässlich der Beisetzung Freitag, 23. Oktober 1998, Kirche Sursee

Peter Schmid hat uns allen als Branchenangehöriger, als Geschäftspartner oder als Freund und Wegbegleiter sehr nahe gestanden. Ich selbst lernte ihn in den achtziger Jahren kennen und wir bauten, speziell seit ich 1992 Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Schweizerischer Foto-Lieferanten ISFL wurde, eine intensive geschäftliche Zusammenarbeit miteinander auf. Er war bereits seit 1976 Präsident des Verbandes und seit dem Gründungsjahr 1970 in dessen Vorstand. In den Jahren, die seither verflossen sind, haben wir uns immer besser kennengelernt. Und haben eben erst am Anfang einer tiefen, persönlichen und echten Freundschaft gestanden.

Peter Schmid hat sein ganzes Leben der Fotografie und der Schweizer Fotobranche gewidmet. Teils aus Begeisterung für das Bild und aus Faszination an dessen technischer Herstellung und Verarbeitung, teils aber auch aus dem Willen heraus, für die Branche, für seine Firma und für seine Angestellten das Beste zu erreichen. Die Schmid AG hat er im Alter von 23 Jahren nach dem plötzlichen Hinschied seines Vaters übernehmen müssen, und so waren die nächsten zweiundvierzig Jahre von der Herausforderung des beruflichen Erfolges und von der Verantwortung für das Wohlergehen der Firma Schmid AG geprägt. Peter Schmid war jeden Morgen um sechs Uhr im Geschäft, er hat während seiner ganzen Laufbahn keinen Tag wegen Krankheit gefehlt. Er hat nie Ferien gemacht, ausser jeweils nach der PMA, als er sich meist in Hawaii noch zwei oder drei Tage Rast gönnte, um nach dem Weiterflug nach Hongkong oder ähnlichen asiatischen Destinationen bereits wieder geschäftlichen Aufgaben nachzugehen.

Peter tat alles, was er anpackte, mit Leib und mit Seele, mit Verstand und mit Herz. So war es bei seiner Haupttätigkeit als Verwaltungsratspräsident der Schmid AG. So war es in den Ämtern als Vorstandsmitglied und Präsident der ISFL, als Präsident des Stiftungsrates des Zef als Vizepräsident des Stiftungsrates des Fotoapparatemuseums Vevey aber auch als Vorstandsmitgliedes des VSIG.

Peter war eine sehr vielschichtige Persönlichkeit. Bescheiden in seiner Wesensart stellte er stets die Sache, für die er sich einsetzte, in den Vordergrund, und nicht seinen eigene Person. Trotzdem war er schon als äusserer Erscheinung unverwechselbar: Eher klein, eher rundlich, wenige Haare. Er war nicht zu verwechseln, ein Charakter äusserlich und innerlich. Er konnte ebenso resolut sein wie nachdenklich und abwägend. Er diskutierte gerne über Politik, Wirtschaft und Philosophie und gewann damit schon 1960 die Sympathie seines zu künftigen Schwiegervaters. Er formulierte klare Meinungen und setzte sich für seine Überzeugungen mit Energie und Willenskraft ein. Er respektierte aber auch die Meinungen anderer und war offen, sich auch einmal vom Gegenteil überzeugen zu lassen, denn er orientierte sich an Einsichten und Lösungen und nicht an Macht oder Status.

Peter war ein väterlicher Mensch. Fürsorglich kümmerte er sich um seine Familie, wozu nicht nur Ruth, seine treue Gattin und sein Sohn Roland, sondern auch Uschi gehörte, die ursprünglich als Haushaltstochter kam, um ein Welschlandjahr zu vermeiden, und wie eine eigene Tochter in der Familie Schmid - Friebel aufgenommen wurde. Fürsorglich kümmerte er sich auch um seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die meisten von ihnen entgalten es ihm mit jahrzehntelanger Treue zum Betrieb, den er durch seinen ganz eigenen Stil und seine aussergewöhnliche Persönlichkeit geprägt hatte.

Wer mit ihm sprach, traf auf offene Ohren, und ging es um irgendein Anliegen, so war es bei ihm in guten Händen. Er hatte ein sicheres Gespür für tragfähige und vernünftige Lösungen. Er nahm Menschen wichtig und das spürte jeder, der mit ihm zu tun haben durfte. Peter hielt viel von menschlichen Qualitäten. Nichts war ihm mehr zuwider als Missgunst, Kleinkariertheit und Egoismus.

An der Sommerversammlung der ISFL am 19. Juni 1981 mahnte er die Versammlung nüchtern und klar (ich zitiere aus dem Manuskript seiner Ansprache):

"Erfolg können wir nur haben, wenn alle Mitglieder bereit sind, für eine gute Branchenzukunft zu kämpfen und verzichten, kleinkariert und kurzfristig-profitgerichtet zu denken."
ISFL Sommerversammlung 19.6. 1981

Aber er war nicht nur Vaterfigur und wohlwollender Patron. So oft er auch mit ehrlicher Besorgnis den Zeigefinger für seine Überzeugungen erhob, so oft gewann er mit Humor und Schalk die Sympathie seiner Umgebung und so oft bewies er als Mitglied so manchen Gremien seine Teamfähigkeit. Er pflegte und lebte eine echte demokratische Grundhaltung.

Peter Schmid war beseelt von rastlosem Eifer nicht im Sinne hektischer Geschäftigkeit, sondern im Sinne beharrlicher und konsequenter zielgerichteter, harter Arbeit. Darin war er ein grosses Vorbild für alle, die mit ihm zusammenarbeiten. Und darin gründete er seine Autorität und der Respekt, der ihm allseits entgegen gebracht wurde.

Peter war für die Fotobranche eine Integrationsfigur, weil jedermann wusste, dass für ihn das Gedeihen der ganzen Branche stets ein wichtiges Anliegen darstellte. Er war für viele wie ein gemeinsames Gewissen der Branche und gewann dadurch Vertrauen und Ansehen weit über den Kreis der Lieferanten hinaus.

Peter Schmid stand für die Werte, di e ihm wichtig waren, ein . Solidarität unter den Lieferantenfirmen zum Wohl der ganzen Branche war ihm zentral es Anliegen und das liess er auch an Versammlungen der ISFL seine Kollegen immer wieder wissen. Schon an der Generalversammlung im November 1979 führte er in der für ihn typisch vorbildlich anschaulichen Sprache, angereichert mit einer Prise Ironie, aus:

" Noch leben wir behaglich in unserem Haus, auch wenn der Wind um die Ecken pfeift und ein paar Dachziegel wegfliegen. Ich meine damit, dass wir vielleicht eine etwas grössere Solidarität unter den Lieferanten vielleicht schon in absehbarer Zukunft ganz gut gebrauchen konnten."

GV ISFL November 1979

Trotz allem Engagement war Peter nach seinem Naturell ein sehr gelassener Mensch. Das zeigte sich äusserlich an seinem Zigarillo-Genuss und an seiner Freude an gutem Wein und an seiner Abneigung gegen Salat und Wasser. Peter ruhte als Person in sich selbst und war eins mit sich, mit seiner Familie und der Welt, jedenfalls bis vor zwei Jahren.

Wir haben ihn als Geschäftsmann für seine Aufrichtigkeit und Fairness geschätzt. Wir haben ihn als Präsident unseres Verbandes ISFL über Jahre als eine unermüdliche, treibende Kraft erleben dürfen. Er mahnte uns, ethischen Grundsätzen nachzuleben. So führte er an der Mitgliederversammlung vom 11. September 1981 aus:

"Viel zu schnell wird gesagt: Geld und Wirtschaft haben nichts mit Ethik und Anstand zu tun. Fast ebenso schnell wird immer wieder behauptet: Geld und Wirtschaft sind fern aller Gerechtigkeit und werden es immer bleiben. Am einfachsten ist es, sieh mit solchen Fragen überhaupt nicht zu befassen. Ist Ethik im Geschäftsleben überdrüssig? Ich halte sie aus vielen Gründen für sehr bedeutsam und bin überzeugt, dass sie in Zukunft noch sehr viel an Gewicht zunehmen wird. Es wird nicht zum Schaden unserer Branche sein, wenn Sie als leitende Persönlichkeiten diesen Begriff vermehrt in Ihre Tagesarbeit einbeziehen.

Mit seiner intimen Kenntnis der Branche hat er auch oft einen visionären Sinn der zukünftigen Entwicklung bewiesen. Als Beispiel zitiere ich aus seinem Bericht über die PMA 1982 den er der Mitgliederversammlung der ISFL am 26. Februar 1982 erstattete:

"Die heutige Technologie stosst an der Decke an. Als intelligenten Versuch beurteile ich denjenigen, welcher Richtung Elektronik zielt, denn er bringt dem Händler und dem Importeur die Voraussetzungen zum Einstieg in die Technologie der zukünftigen Bildaufzeichnung."

2.

Und nun muss die Firma Schmid AG Ende diesen Monats ihre Pforten schliessen. Heisst das nicht, dass viele der schönen und guten Dinge, die wir eben über Peter gehört haben, nicht ganz zutreffend sind? Nein. Es ist mir für seine Ehre und aus Gründen der Gerechtigkeit und Wahrheit ein grosses Anliegen, folgendes zu erklären:

Alle, die Peter Schmid kannten, haben gemerkt, dass er in den letzten zwei Jahren nicht mehr derselbe war wie früher. Oft erlebte man ihn nun langmütig, still und depressiv. Was war geschehen? Es begann als er ausgerechnet im Höhepunkt der wirtschaftlichen Entwicklung anfangs der neunziger Jahre praktisch gezwungen wurde, zu seinem ererbten Drittel alle übrigen Aktien der Schmid AG, also das Drittel seiner Mutter und das Drittel seiner Schwester, dazu zu erwerben, so dass ihm anschliessend praktisch das gesamte Aktienkapital der Schmid AG allein gehören sollte. Wenn er zu diesem Kauf nicht bereit sei, werde er von der Vertretung der Aktienmehrheit seine Wegwahl als Verwaltungsrat der Schmid AG und seine Entlassung als Geschäftsführer erleben, wurde ihm unmissverständlich angedroht. Zur Ehrenrettung der Mutter von Peter ist beizufügen, dass sie zu diesem Zeitpunkt hinter dem Rücken von Peter von seinem Neffen unter Beiratschaft gestellt worden war und für das, was dann geschah, nicht verantwortlich ist. Als Beirat wirkte eine Vertreterin des gegen Peter agierenden Neffen, der damit die Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte an der Schmid AG erlangt hatte.

Wer Peter kannte, weiss, dass er sich niemals auf diese Weise aus seinem Geschäft hätte Drängen lassen. Die Schmid AG war sein Betrieb, sein Lebenswerk, ein Leben ohne seine Unternehmungen war für Peter undenkbar. Das wusste man bei seiner Gegnerschaft und zog daraus gezielte Vorteile. Er entschloss sich daher im Oktober 1991, die ihm aufgedrängten Aktien der Schmid AG zu erwerben. Aufgrund einer viel zu hohen Schätzung des inneren Wertes der Aktien der Schmid AG musste sich Peter enorm verschulden um diesen Auskauf der übrigen Erben finanzieren zu können. Beurteilt man diesen Vorgang nach seinem wesentlichen Kern, merkt man, Peter wurde im Grunde dazu gezwungen, einen Teil des von ihm selbst während Jahrzehnten geschaffenen Lebenswerks zu erwerben, mit Geld, das er sich borgen musste.

Diese Angelegenheit sollte fatale Folgen für Peter haben. Die erste Folge war, dass er 1996 aus finanziellen Gründen sein geliebtes, wunderschönes Haus mit dem Reitstall in Hirschental veräussern und in eine Wohnung in Gränichen umziehen musste. Dies verletzte Peter Tief und bedeutete einen Verlust, den er nur sehr schwer verschmerzen konnte, obwohl er dies nach aussenhin nie offen zeigte. Irgendetwas war seit diesem Tag in Peter nicht mehr, wie es früher war. Die Zeit der Depression begann, in welcher er - wie mir seine Frau Ruth berichtete - sogar manchmal über ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Leben nachdachte.

Die zweite und noch fatalere Folge war, dass er zwei Jahre später - 1998 - auch noch seine Firma verlor. Tragische Ironie des Schicksals: Um seine Firma 1991 halten zu können, musste sich Peter derart schwer verschulden, dass er 1998 die Mittel zur Sanierung des Unternehmens gerade dann nicht mehr zur Verfügung hatte, als das Unternehmen sie - wie viele andere Unternehmen in dieser Zeit auch - dringend brauchte. So bildete gerade sein kompromissloses Bekenntnis zur Schmid AG, mit dem er sich eine erdrückende finanzielle Last aufgeladen hatte, den Keim für den Untergang seines Unternehmens.

Wenn Peter im Leben einen unternehmerischen Fehler begangen hat, dann den, das Aktienkapital der Schmid AG auf Veranlassung einer Miterbin und Aktionärin im Jahre 1991 zu einem krass übersetzten Preis vollständig zu übernehmen.

Die traurige Einsicht, dass es für die Schmid AG keine andere Wahl mehr gab als die Liquidation, hat Peter nicht verkraften können. Und es ist kein Zufall, dass er uns nun, zwei Wochen bevor die Unternehmung Schmid AG im 74. Jahr ihres Bestehens Ende Oktober ihre Pforten für immer schliesst, verlassen hat.

Wer dieses traurige Schicksal nachvollzieht, der kann ermessen, welch grosser Druck und welch unsäglicher Schmerz in den vergangenen zwei Jahren auf der Seele von Peter gelastet haben musste, ein Psychischer Druck, der nicht ohne Auswirkung auf seine Gesundheitszustand blieb. Sein oberer Blutdruck stieg einmal auf über 270. Was ein Mensch nach ärztlicher Erfahrung kaum überleben kann. Seine Familie, Roland, Uschi und vor allem Peters geliebten Gattin Ruth ist es zu verdanken, dass er es überhaupt bis zum letzte Samstag geschafft hat. Sie haben ihn mit ihrer Liebe, ihrer Kraft und ihrer gelebten Zuversicht gestützt und vorzubereiten versucht auf ein Leben nach der Schmid AG. Ausgerechnet jetzt, als Peter in den letzten Wochen dank dieser liebevollen Betreuung Zeichen neuen Lebenswillens zeigte, und sich langsam wieder für das Leben zu interessieren begann, wollte sein Herz nicht mehr mit tun. Ruth hat den Kern genau getroffen, als sie mir sagte, Peter ist an gebrochenem Herzen gestorben. Sein Glück war, und unser einziger Trost ist, dass er eine so bedingungslos zu ihm haltende Familie gehabt hatte und hat.

Wir alle hätten ihm von Herzen ein paar Jahre im Pensionsalter in der Zeit nach der Schmid AG gewünscht, um ein bisschen die Früchte seines enormen Schaffens geniessen zu können Der Vorstand der ISFL wollte sein Know-how und seine Beziehungen auch nach seinem Ausscheiden als Präsident weiter nutzen, und Peter hatte zugesagt, für unsere Messe, die Professional Imaging, tätig zu sein.

Peter war immer da, wenn man ihn brauchte. Es ist kaum zu begreifen, dass er nun nicht mehr unter uns weilt. Jeder, der ihn gekannt hat, wird diesen liebenswürdigen, aufrichtigen und tollen Menschen Peter Schmid in dankbarer Erinnerung behalten.

Ich möchte diesen Nachruf mit Peter Schmids eigenen Worten schliessen. Es sind von den hier dokumentierten Ansprachen, die er während seiner Präsidentschaft in der ISFL anlässlich von Mitgliederversammlungen zwischen 1979 und heute vorgetragen hatte, seine allerletzten zwei Sätze anlässlich der Sommerversammlung vom 28. August 1998 in Muntelier:

„Ihnen allen wünsche ich eine erfreuliche Zukunft in unserer faszinierenden Fotobranche und viel Erfolg. Ich danke Ihnen für die gute Zusammenarbeit in der Vergangenheit.“

Ernst A. Widmer