Erno Dielsdorf 1987- 40 Jahre
Erno Photo AG Dielsdorf:
Vierzig stolze Jahre Die Zeit der Pioniere
Für Leute, die den Zweiten Weltkrieg und den Wiederaufbau der anschliessenden Nachkriegsjahre nicht erlebt haben, ist der Beginn des modernen Photohandels in der Schweiz kaum gegenwärtig und schon Geschichte. Es existierten einige alte und traditionsreiche Vertretungen, die schon um die Jahrhundertwende ihre Arbeit aufgenommen und den grossen Weltbrand Überlebt hauen, doch begann nach 1945 die Welt überall neu. Vor allem die Produktionsstätten der deutschen Photoindustrie, die übrigens damals den Weltmarkt beherrschten, waren grossenteils zerstört und nahmen unter grossen Schwierigkeiten die Fabrikation wieder auf. So paradox dies heute klingen mag, das eigentliche Problem dieser Jahre war vor allem...sich Ware zu beschaffen, um einen bescheidenen Photohandel beginnen zu können.
Im Jahre 1947 nur zwei Jahre nach Kriegsende, begann Eugen Ernst, seines Zeichens technischer Kaufmann und vor allem auf den Vertrieb von Werkzeugmaschinen spezialisiert, sein eigenes Import- und Exportgeschäft für photographische Artikel. Der Gründer und Verwaltungsratspräsident der Erno AG brachte alle Voraussetzungen für einen erfolgreichen Einstieg in diese Sparte mit. Von seiner Ausbildung her, sowohl technisch wie kaufmännisch versiert, nahm dieser begabte Unternehmer seine Chance wahr und war vor allem auch zu Risiko und Einsatzbereit,
Den Leuten dieser Stunde ging es vorerst darum, sich gute und namhafte Generalvertretungen zu sichern, 1953 übernahm Eugen Ernst das Lichtmesser-Programm für Amateur und Profi von Gossen und die Schweizer-Vertretung von Arnold und Richter, einem deutschen Hersteller, der mit der legendären Arriflex und Zubehör das professionelle Filmgeschäft im 35-mm-Bereich beherrschte. Etwas später eroberte die junge Firma auch die Vertretung von Kino-Bauer-Projektoren in 16 mm und dem neuen Doppelacht-Amateur-Format.
Am 1. Mai des Jahres 1953 stiess Martin Schwarz zum Erno-Team, der heute als geschäftsführender Direktor von Erno Photo und Fujicolor Labor tätig ist. Dieser junge, dynamische Vertreter und Mitarbeiter der ersten Stunde hat in der Folge wohl eine der erstaunlichsten Karrieren des schweizerischen Photohandels gemacht. Ist Eugen Ernst eher der Mann einer seltenen Symbiose eines technisch- kaufmännischen Realismus und phantasievoller Weitsicht, kann man Martin Schwarz als den begabten Manager von Tat und Ausführung bezeichnen. Ein Führungsteam, das man als einzigartig einstufen kann. Es dürfte kein Zufall sein, dass Eugen Ernst nach dem Krieg in der ersten Venom-Staffel als Pilot flog und Martin Schwarz ein leidenschaftlicher Reiter ist ein Firmenchef, der einen harten Schenkeldruck pflegt und von Mann und Pferd eine klare Antwort und Leistung erwartet.
Die Erno AG begann als Einmannbetrieb in der Zürcher Klosbachstrasse, dislozierte dann in die Falkenstrasse, vis-à-vis der Zürcher-Zeitung, übernahm später die Räumlichkeiten der Ciné-en gros, um dann längere Zeit in einer schönen, alten Liegenschaft in der Restelbergstrasse am Zürichberg den Geschäftssitz einzurichten, In diesen Jahren bauten die Zürcher unentwegt weiter, erwarben sich die Vertretung der Dacora- Kameras, der Schiansky-Stative und vertrieben vor allem auch die Produkte der deutschen Meteor GmbH aus Siegen. Hier machten die Erno Leute in der Schweiz Geschichte. Meteor war der erste bedeutende Hersteller von Kunststoff-Laboranlagen. Martin Schwarz drückt sich hier prägnant und traf» aus. «Wir nahmen beim Photohändler den Weg über das Schlafzimmer in die Wohnstube» Der Vergleich hinkt jedoch etwas... Die Labors der früheren Generation glichen eher Tropfsteinhöhlen denn einem Schlafzimmer.
Die Erno AG modernisierte hunderte von Labors; das Geschäft florierte so gut, dass in der Folge der etwas komplizierte Import umgangen werden konnte und die Zürcher in der eigens gegründeten Ernolit AG für die Schweiz fabrizieren.
Fast als Kuriosum ist die «Omega-Story» zu werten. Eugen Ernst versuchte eines guten Tages, auch nach Amerika zu exportieren, was ihm jedoch nicht ernsthaft gelang: dafür erwarb er fast zufällig die Vertretung der Omega-Vergrösserungsgeräte der Simmon Brothers of Long Island City, New York... damals wie heute noch eines der renommiertesten Geräte auf dem Weltmarkt.
Die Stunde der Leute aus dem fernen Osten
Wir sind nun in unserm kurzen. Historischen Exkurs in die 60 er Jahre vorgestossen. Zuerst… und grossenteils als begabte, jedoch nicht ernst zunehmende Nachahmer oder Kopierer belächelt, drängten zu dieser Zeit die Japaner auf den Weltmarkt und schafften in weniger als einem Dezennium den grossen Durchbruch. Ihren Erfolg verdankten sie vor allem der modernen Spiegelreflex im Kleinformat. Den Deutschen wurde ihr historischer Hang zur absoluten Perfektion zum eigentlichen Verhängnis. Die Mess- Sucherkamera in ihren grossen Vertretern wie Leica, Contax. Retina und so fort, stellten wohl technisch die überlegenere Konstruktion dar, doch war die von der Dresdener Exacta hergeleitete Spiegelreflex die weitaus praxisgerechtere Lösung.
Im Jahre 1970 tritt die legendäre Spotmalic von Pentax mit Innenmessung auf den Plan, und unter anderem auch die berühmte SRT-Serie von Minolta, die aber noch weitgehend keinen Markt hatte. Hier erkannten die Erno- Leute eine einmalige Chance; sie übernahmen die Vertretung der Minolta vom ersten schweizerischen Importeur. In Zusammenhang mit diesem Vertrieb organisierte die Erno AG ein neues Verkaufsprogramm;
War bis anhin allgemein der sogenannte Verkaufsbonus Trumpf, trat bei Erno an seine Stelle ein Mengenrabatt und 5% Skonto bei Zahlung innerhalb von 10 Tagen; ein System, das in der Folge vom gesamten schweizerischen Photohandel übernommen wurde.
Im ersten Minolta-Jahr kauften die Zürcher für über eine Million-USA Dollar an Spiegelreflex-und Sucherkameras ein. Vor allem die SRT-Serie wurde zum Marktrenner und dies sogar auch noch mit dem dazugehörigen Objektivprogramm, Man höre... und staune; es wurden damals pro Kamera ca. 2,7 Objektive verkauft. Später stiess die XD-Serie hinzu, die schlussendlich in der Profi XM von der „Photokina 1970" kulminierte.
Parallel zur Minolta debütierte die Erno AG um das Jahr 1970 mit der, für diese Zeit hochmodernen, mit Lichtdioden- Anzeige arbeitenden Fujica 701. Auch dieses Programm fand in der Schweiz einen unerwartet guten Absatz. Obwohl beide Spiegelreflex-Programme über einen getrennten Staff von Vertretern verkauft wurden, ergaben sich in der Folge dennoch Probleme.
Bei der Erno AG entschied man sich dann für Fuji, dies im Jahre 1960, vor allem auch, weil das Film- und Emulsionsprogramm des gleichen Herstellers immer attraktiver wurde,
Die bewegten Siebziger-Jahre im Vorfeld der turbulenten Achtziger
Die späten Siebziger-Jahre sahen vor allem auch Höhepunkt und Überlebenskampf eines von Fuji propagierten Amateur-Filmformates, des Single-8; ein eigentlich vielversprechendes Format, das sich aber gegen das neue Super-8 und die damalige, unbedingte Suprematie des „Gelben Riesen“ aus Rochester nicht halten konnte.
Wie schon angedeutet, profilierte sich die Fuji Photo Film Co. aus Tokyo als wichtiger Partner der Erno immer mehr; dennoch wäre es falsch, die gesunde Diversifikation dieses Hauses zu unterschlagen.
Ich habe schon Gossen, einen der grossen Namen im Bau von Lichtmessgeräten für Studio und Labor genannt. Weiter wird das bekannte Velbon-Stativprogramm geführt, die Firma verkauft die breit angelegte Palette von National- Blitzgeräten, Goko Schmalfilmbetrachter und Video Überspielgeräte. Erno-Projektionstische. Stocko-Filmspulen. Das Photobox- Albensystem und ein eigenes Bilderrahmen-Sortiment haben sich gut eingeführt.
Fuji, heute erster Namen bei der Erno Photo
Die Fuji Photo Film Co, Ltd. War inzwischen über ein imponierende Linie von Kompaktkameras, Spiegelreflex, Mittelformatapparaten, vor allem aber als Hersteller von Farb- und Röntgenfilmen, Papier von hoher Qualität und Konstrukteur von Photofinishing-Anlagen zum Hauptpartner der Erno Photo aufgerückt.
Das sind vorerst die Kompakten von Fuji, die sehr weit vorne an der Verkaufsfront liegen. Sie verfügen Über eine spezielle „Drop in“ Ladeautomatik, Infrarot-Autofokus, DX-Codierung, vollautomatische Belichtungssteuerung, Blitzautomatik etc. Die neue TW-300 ist zudem im allgemeinen Trend mit Weitwinkel und Tele bestückt.
Im Rahmen eines ausgedehnten Spiegelreflex-Programms baut Fuji Kameras der Mittelklasse. So die günstige STX-2 und die anspruchsvollere AX-Serie, die Belichtungsautomalik und Bedienungskomfort für mittlere bis höchste Ansprüche bietet. Zu wenig bekannt scheinen mir die Mittelformatkameras von Fuji Mehrteils Messsucherkonstruktionen; das sind die GS 645 und GS645 S in 4.5x6 cm und die Fujica GW 690 in 6x9 cm. In der Sparte seriöser Panoramakameras baut Fuji einen der originellsten und günstigsten Versionen, die Fujica Panorama G 617 im Extremformat 6x17 cm auf Rollfilm. Anlässlich der (photokina) 86 erregte Fuji Aufsehen mit einer völlig neuen Mitteiformal in 6x8 cm. Diese hochgeachtete Profi-Spiegelreflex arbeitet auf optischer Bank, verfügt über einen auswechsel- und verstellbaren Balgen, wartet mit modernster elektronischer Belichtungssteuerung und mehr auf. Wohl eher als technisches Paradestück, denn als Verkaufshit gedacht. Diese neue Profi-Kamera hört auf den Namen Fuji GX 680.
Fuji ist in Dielsdorf vor allem Film, Papier und Papierbild……
Die Erno Photo AG ist die älteste ausländische Fuji- Vertretung. Die Zürcher führen das Programm aus Japan schon seit Juni 1960. Wie schon gesagt profilierte sich Fuji als Hersteller von Emulsionen immer mehr und war im Laufe der Siebzigerjahre zum ernsthaften Konkurrenten von Kodak aufgestiegen; dies vor allem auch wegen der Kompatibilität der Entwicklungsprozesse und der laufenden technischen Verbesserungen der Emulsionen. Man erkannte bei Erno, dass für die Fuji-Produkte in der Schweiz nicht die Qualität, sondern die technisch einwandfreie Entwicklung das Schlüsselproblem war,
Der Sitz am Zürichberg war zu eng geworden, Man entschloss sich darum, das Stadtzentrum zu verlassen und im stadtnahen Dielsdorf Verwaltung, Lager und Labor zu zentralisieren, 1975 wurde mit dem Labortrakt begonnen, das grosszügige Lager und Verwaltungsgebäude Folgte. Die Umstellung erfolgte zur richtigen Zeit; so war es möglich, den Wegfall des Minolta- Programms im Jahre 1977 wettzumachen und den Personalstand zu halten. Hier in aller Kürze eine Vorstellung des Fuji-Emulsions- und Photofinishing-Programms. Da ist vorerst die Fujicolor HR-Linie, die auf einer neuen, seitgemässen Technik beruht, deren Erklärung hier zu weit gehen würde. Die Empfindlichkeiten dieser Negativfilme gehen von 100 ISO über 200 und 400 bis zur höchstempfindlichen Konfektionierung von 1600 ISO.
Im Bereich des Dia-Films ist die Palette nicht minder vielfältig, Sie beginnt mit einem Fujichrome 50 ISO, geht weiter über 100 und 400 ISO bis zum neuesten Fujichrome 1600 ISO. Weiter hat Fuji im Bereich des professionellen Verbrauchers neue Techniken entwickelt, deren Darstellung hier zu weit führen würde. Zu trennen wären Fujichrome 50 und 100 Professional D. Nicht allgemein bekannt dürfte sein, dass dieser japanische Filmhersteller einen Professional T, also einen Kunstlichtfilm von 64 ISO giesst. Die professionelle Linie wartet natürlich auch mit Lang- und Kurzzeit-Emulsionen in Negativ auf; die Empfindlichkeit ist auf 160 ISO angesetzt. Konfektioniert werden die Professionellen vom klassischen 35 mm bis zu 8 x 10 Inch-Format.
Und in diesem Zusammenhang fast ein Kuriosum auch Fuji stellt seit einiger Zeit einen hochempfindlichen, besonders für den Profi gedachten Schwarz-Weissfilm her, den Neopan 400 Professional. Dieser Neuling weist nach dem bekannten Tester von (Popular Photography), Bob Schwalberg, besonders gute Eigenschaften an Körnigkeit und Detailreichtum in den Schatten auf, wenn er auf 1600 ISO (gepusht) wird.
Erno Photo verbrauch selber und liefert vor allem auch Colorpapier für das Papierbild. Daneben vertreibt man in Dielsdorf auch ein ausgezeichnetes Umkehr-Colorpapier den Typ 33, der nächstens durch eine neue Version, Typ 34. Ergänzt werden soll.
Die Fuji Photo Film, Tokyo ist neben einem der grössten Emulsionshersteller auch Konstrukteur einer Reihe von Labormaschinen; vor allem sind es Printer und Minilabs, die in Händlerkreisen bekannt sind. Es war Für mich interessant, von Direktor Schwarz zu vernehmen, dass der »Minilab-Boom nicht europäischen Ursprungs ist und besonders in neuen Touristenländern wie Indonesien, Malaysia, Hong Kong, den Philippinen und andern Ländern des fernen Ostens schon seit längerer Zeit einen Grossteil des Bildgeschäftes bewältigt.
Die Zukunft hat in Dielsdorf schon begonnen
Man weiss bei der Erno Photo – wie auch anderswo dass wir uns im Photohandel und Gewerbe werden regen müssen, um heil und unbeschadet ins zweite Jahrtausend zu gelangen. Das Silberbild ist vorläufig noch führend und wird bei seinem hohen technischen Stand sich noch über Jahre führend halten; doch verfolgt man auch in Dielsdorf sehr aufmerksam die Entwicklung von Videographie und elektronischer Bildaufzeichnung.
Die Verantwortung der leitenden Leute und der Einsatz sind nicht gerade klein: Es arbeiten hier über 160 Personen, und der gegenwärtige Firmenumsatz beläuft sich auf gute 70 Millionen Schweizer Franken. Dies erwirtschaften die folgenden neun Gesellschaften: Erno Photo AG, Erno Röntgen, Fujicolor Labor AG. Erno Film- + Video AG, Erno International AG, Erno Electronic AG, Erno Photofinishing AG, Erno Finanz AG und die deutsche Niederlassung endlich, die Erno GmbH, Albbruck.
Es bleib uns von der Rundschau nur noch die angenehme Aufgabe, Steuerleuten und Mannschaft dieses stolzen Firmenschiffes alles Gute zum Vierzigsten und gute Fahrt ins fünfte Jahrzehnt es Bestehens zu wünschen. Oswald Ruppen
1987 Photorundschau 13 / 87